Onglet, Stangenbohnen, Bärlauch, Berglinsen


Onglet ist die französische Bezeichnung für den Nierenzapfen vom Rind. Klingt ja irgendwie auch besser.

Als ich vor elf Jahren in der Metzgerei meines Vertrauens in meiner fränkischen Heimat nach ‚Onglet‘ oder ‚hanging tender‘ fragte, schaute mich die Tochter des Chefs an, als hätte ich ihr einen unsittlichen Antrag gemacht. Nach was hätte ich auch fragen sollen, ich kannte nur diese beiden Bezeichnungen aus englischsprachigen Kochbüchern. Dort wurde dieses Stück als ‚des Metzgers Filet‘ gepriesen, grobfasrig, aber – kurz gebraten – butterzart, mit einem intensiven Fleischgeschmack, der so ein ganz klein bisschen an Nieren erinnert.  Die Suchmaschinen im Internet gaben damals auch nichts her, also hatte ich die Hoffnung, dass Albert Schiller, ein ‚gestandener fränkischer Metzger‘ mir vielleicht weiterhelfen könnte. Ich erklärte ihm, so gut ich konnte, was die amerikanischen Kochbuchautoren da beschrieben hatten und er meinte schließlich ‚das könnte der Herzzapfen, auch Nierenzapfen genannt, sein. ‚Kann ich das bei Ihnen bekommen‘? ‚Ja, schon…nächste Woche…dann schneide ich Ihnen was zu….das wird gar nicht mehr verlangt, das geht normalerweise in die Wurst oder wird als Hundefutter verkauft‘. Okay! In der folgenden Woche hat die Metzgerei mein Onglet parat. Kostenpunkt? Dreifuffzich das Kilo….!!!

Was ist nun dieser Nieren- oder Herzzapfen…das sagenumwobene Onglet, ‚des Metzgers Filet‘? Es ist der Zwerchfellpfeiler, der tragende Muskel des Zwerchfells beim Rind. Der übrige Teil des Zwerchfells wird Saumfleisch (auch ‚Kronfleisch‘) genannt – in ländlichen Gegenden Bayerns und Österreichs als preiswertes Sonntagsessen bekannt, gesotten und mit Krensauce (Kren = Meerrettich, für meine weder bayrischen noch österreichischen Leser) 😉

Beides hatte bis vor kurzem ein Schattendasein geführt…bis der ‚Luxusfleischboom‘ einsetzte und die ‚Grillsportvereine‘ nur so aus dem Boden schossen. Heute bekommt man dieses Fleisch fast nicht mehr unter 15 Euro das Kilo, manche Anbieter verlangen für importiertes Onglet gar mehr als das Doppelte. Wenn es vom Wagyu-Rind sein soll, dann werden auch schnell mal unverschämte 80 Euro fürs Kilo aufgerufen!

Onglet läuft kurz gebraten (rare oder höchstens medium-rare) zu wahrer Höchstform auf. Quer zur Faser geschnitten ist es wunderbar zart, ‚des Metzgers Filet‘ eben. Stundenlang geschmort ist es ebenfalls delikat, nur durchgebraten sein mag es nicht, da wird es zäh und fast ungenießbar.

Es gibt gerade die ersten Stangenbohnen. In Großbritannien wird die ‚runner beans season‘ fast ebenso sehnsüchtig erwartet wie bei uns die Spargelzeit. Stangenbohnen vertragen sich wunderbar mit dem knoblauchähnlichen Aroma von Bärlauch und werden hier als ‚Spaghetti‘ angerichtet. Ein puristischer, lauwarmer Salat von Berglinsen sorgt für Harmonie auf der gegenüberliegenden Seite.

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Für 2 Personen:

2 Steaks aus dem Onglet geschnitten, zu je 300g – mindestens 2 Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen und auf Zimmertemperatur bringen!

1 EL Erdnuss- oder Keimöl

400 g Stangenbohnen

ein Bund Bärlauch, gewaschen und grob geschnitten (ein bisschen ‚diszipliniert‘, um es mit Fergus Hendersons Worten zu sagen)

4 Zehen Knoblauch, fein gehackt

1 Zwiebel oder 2 Schalotten, in dünne Scheiben geschnitten

1 – 5 rote Chilies, fein gehackt

2 Scheiben Bacon (durchwachsener Speck), klein geschnitten

Eine Prise Backpulver

Meersalz

3 EL + 5 EL Ölivenöl

120 g Berglinsen ( Lenticchie Umbre)

400 ml Gemüsefond

120 g Berglinsen

1 EL Sherry-Essig (Vinagre de Jerez)

400 ml Rinderfond (selbst gemacht, ohne Salz!!)

2 Würfel Demi-glace

2 EL Dijon Senf

1 kleines Glas Weißwein

30 g eiskalte Süßrahmbutter

Salz und Pfeffer aus der Mühle

Von den Bohnen die faserigen Seiten abschneiden und die Bohnen längs in feine Streifen schneiden. Bohnenstreifen mit kaltem Wasser in einem Topf bedecken und zum Kochen bringen. Kochwasser leicht salzen und eine Prise Backpulver dazugeben (das hilft den Bohnen, eine kräftig grüne Farbe zu behalten). Für 5-7 Minuten leicht sprudelnd kochen, abseihen und in Eiswasser abschrecken.

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400 ml Rinderfond bei mittlerer Hitze auf ca. 5 EL reduzieren.

150g Berglinsen mit 400 ml Gemüsefond aufsetzen und zum Kochen bringen. 30 Minuten sanft köcheln. Abgießen, und im Sieb mit Salz, Pfeffer aus der Mühle, 5 EL Olivenöl und dem Essig würzen. In eine Schüssel geben und warm stellen.

Bacon, Zwiebel (oder Schalotten), Knoblauch und Chili(es) in 3 EL Olivenöl für 7-8 Minuten anschwitzen, Bohnen und Bärlauch dazugeben und für 5 Minuten bei milder Hitze fertig garen. Mit Salz und Pfeffer würzen und warm stellen.

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Ein EL neutrales, hoch erhitzbares Öl (Erdnuss- oder Keimöl) in einer Eisenpfanne erhitzen und die Steaks auf jeder Seite bei starker Hitze für 3-4 Minuten braten. Auf ein Abtropfgitter in einer Bratreine setzen und für 10 -12 Minuten bei 90° im Ofen ruhen lassen.

Den Bratansatz in der Pfanne mit dem Weißwein ablöschen und einkochen lassen. Zwei Würfel Demi-Glace (link) und die eingekochte Flüssigkeit aus der Pfanne zur Sauce geben und kurz aufkochen. Hitze abstellen, Senf und kalte Butter mit einem Schneebesen einrühren, die Sauce darf nicht mehr kochen!

Rock ’n‘ Roll auflegen – sehr passend ist Flash and the Pan, die australischen Indie-Rocker, die aus den Easybeats hervorgingen. Hey St. Peter…!!

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Seufzer meiner ‚Test-Esserin‘: Du sammelst Sterne – das reicht für drei Leben!

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Kategorien:Feine Küche, HausMANNSkost, KlassikerSchlagwörter:, , , , , , , , , , , , , , ,

6 Kommentare

  1. Schönes Gericht. Auch hier ist das Onglet schon unterwegs……

    Gefällt 1 Person

  2. Onglet ist nicht zu kriegen…
    wünsche Dir ein Frohes Fest und erholsame Feiertage

    Christian

    Gefällt 1 Person

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