Tripes a la mode de Caen | Rezept für Kutteln in Cidre


Ein Rezeptklassiker der französischen Küche, das Rezept nahezu unverändert seit dem Mittelalter, kommt „Tripes à la mode de Caen“ zu uns. Kutteln mit Kalbsfuß in Cidre geschmort. Kutteln (frz. „tripes“, engl. „tripe“, ital. „trippa“), also der Pansen von Wiederkäuern, in Deutschland auch als Flecke oder Kaldaunen geläufig und von vielen Menschen als Abfall oder maximal als Hundefutter mit einem naserümpfenden „Igitt!“ verschmäht, gelten in vielen Ländern als wieder auferstandene, oder gar nie tot gewesene Delikatesse.

In bester „Nose to Tail“ – Manier, also der Verwertung des GANZEN Tiers, wenn es schon  sein Leben lassen musste, um uns als Nahrung zu dienen, finden immer mehr traditionelle Gerichte aus Innereien nicht nur den Weg zurück auf die Speisekarten der gehobenen Gastronomie. Auch in unsere Küchen zu Hause finden Innereien wieder Einlass – mehr und mehr Kochbücher berühmter und weniger berühmter Köchinnen und Köche beschäftigen sich damit und ermöglichen uns, Zugang zu diesen teils längst vergessenen Delikatessen zu finden.

Dieses Rezept hat nichts mit faulig anmutendem Gestank zu tun, es ist weder schleimig noch „Igitt“ – für mich war es eines der überraschendsten Gerichte, die ich jemals gekocht habe! Fast leichtfüßig frisch, „gemüsig“ und doch gehaltvoll kommt der Geschmack daher, die Küche duftet so angenehm, dass sogar meine kein Fleisch essende Missus meinte: „Mmmhmm – hier riechts aber gut!“

Ich wäre nicht der MaskedChef wenn ich nicht schon früher Kutteln gekocht hätte (hier und hier findet ihr zwei frühere Rezepte), doch dieser französische Klassiker war auch für mich Neuland. Im WWW ist in deutscher Sprache kaum etwas darüber zu finden – erst nach tagelangem Research in englischer und französischer Sprache kristallisierte sich das altertümliche Originalrezept heraus.

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Es war mir ein Anliegen, keinerlei Experimente zu wagen. Das Gericht sollte so authentisch wie möglich gekocht werden, weil ich ja nicht wusste, wie es denn eigentlich schmecken soll. Die Zutaten in bester Qualität zu bekommen stellt dank des Internets und Online-Shopping kein Problem dar, einzig eine tripière, ein großer Steingut-Topf, der in Frankreich speziell für dieses Gericht verwendet wird, ist auch in meiner Testküche nicht vorhanden. Nun – es geht mit jedem Topf, der groß genug ist und gute Wärmeverteilungseigenschaften besitzt. Wichtig ist ein dicht schließender Deckel (der zusätzlich mit einer aus Mehl und Wasser angerührten Paste versiegelt wird) – also kein Glasdeckel, womöglich noch mit einer Zwangsentlüftung in Form eines kleinen Lochs. Und es braucht etwas Mut, denn das Gericht muss für 18 Stunden bei 130°C über Nacht im Ofen schmoren.

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Sehr gut eignet sich ein emaillierter Gusseisen-Schmortopf, aber auch ein schwerer Edelstahltopf mit einem gut schließenden Stahldeckel, so wie unsere Edition 10, macht den Job.

Besorgt euch die bestmöglichen Zutaten – eine gute Quelle für Innereien ist die Metzgerei Claus Böbel im fränkischen Rittersbach, wo man nicht nur Innereien (der Link öffnet ein neues Fenster und führt direkt zu den Innereien) , sondern auch ganz hervorragendes Fleisch und Geflügel (und nicht zu vergessen, die legendären fränkischen Bratwürste) online bestellen kann.

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Zutaten für 6-8 Personen

1,3 kg Kalbskutteln (die gibt es bei Böbel oder Genusshandwerker.de gereinigt und gebrüht – da stinkt nichts mehr 😉

1 Kalbsfuß, längs gesägt (ggfs. – wenn man einen kleineren Topf verwendet – auch noch 2 mal quer gesägt), gewaschen.

400 g Rindertalg

1 Flasche trockenen Apfelcidre (Brut) – übler Stilbruch meinerseits – ich habe DEUTSCHEN Cidre Brut von Van Nahmen genommen! Frankophile Leser mögen mir verzeihen, aber hier ist kein guter französischer Cidre zu bekommen 😉

1 großes Glas Calvados (ein absolutes Muss – nehmt einen guten, wenn’s geht)

½ L Geflügel- oder Kalbsfond

400 g Bio-Karotten, geschält, halbiert und in Scheiben geschnitten

400 g gute Zwiebeln, geschält und in dünne Scheiben geschnitten

200 g Lauch (Porree) geputzt und in dünne Scheiben geschnitten

1 Knolle Knoblauch, oben und unten abgeschnitten und die Zehen separiert

1 EL Schwarze Pfefferkörner

1 TL zerdrückte Pimentkörner (optional)

1 Bouquet Garni – hierfür braucht ihr ein großes Stück Lauch, geputzt und längs halbiert bis auf 2 cm an einer Seite. Die inneren 2-3 Lagen herausnehmen und mit frischem Thymian, Petersilie und Lorbeerblättern füllen. Mit Küchengarn fest zusammenbinden (siehe Foto).

2 EL Meersalz

2 EL Mehl und etwas Wasser (für die Paste zum Versiegeln des Deckels)

Ofen auf 130°C (Ober- und Unterhitze) vorheizen. Das Gemüse mischen und in den Topf geben. Das Bouquet Garni in die Mitte legen. Die Stücke vom Kalbsfuß verteilen und die Kutteln darüber verteilen. Salz, Pfefferkörner und (falls verwendet) Piment dazu geben. Den Rindertalg in Scheiben schneiden und obenauf legen. Cidre, Calvados und Geflügel- (oder Kalbs)Fond darüber gießen, bis alles knapp bedeckt ist.

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Aus dem Mehl und etwas Wasser eine Paste anrühren und den Rand des Topfdeckels damit bestreichen. Deckel auflegen, ab in den Ofen damit und für 18 Stunden bei 130°C über Nacht schmoren lassen.

Am nächsten Tag nach Ablauf der Zeit den Deckel abnehmen, das Bouquet Garni entfernen und die Brühe durch ein großes Küchensieb in einen sauberen Topf abgießen. Wegen des Rindertalgs und Kalbsfußes muss die Brühe entfettet werden. Dazu die abgegossene Brühe am besten in den Tiefkühler stellen, bis das obenauf schwimmende Fett hart wird. Mit einem Schaumlöffel das Fett abheben und anschließend die Brühe um etwa ⅓ einkochen.

Durch die lange Schmorzeit  haben sich die Knochen aus dem Kalbsfuß gelöst und lassen sich leicht heraus nehmen.  Verbleibende große Hautstücke vom Kalbsfuß in mundgerechte Stücke schneiden. Auch die Knoblauchzehen sind mittlerweile so weich, dass sie sich leicht aus der Schale drücken lassen – die Schalen wegwerfen.

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Kutteln, Kalbsfuß und Gemüse zur eingekochten Brühe geben und gut durcherhitzen.

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Die Brühe ist voller Collagene und Gelatine vom Kalbsfuß und durch die große Menge Apfelcidre und Calvados trotzdem fruchtig frisch. Es verwundert nicht, dass es in Frankreich sogar eine kulinarische Vereinigung (oder gar Bruderschaft) gibt, die sich ausschließlich diesem Nationalgericht widmet: die La tripière d’Or, die jährlich den besten Hersteller von Tripes à la mode de Caen prämiert. Nur weil es dieses Gericht auch fertig im Glas zu kaufen gibt, bin ich überhaupt drauf gekommen, mich mit dem Rezept zu beschäftigen. Entdeckt habe ich es in einem bekannten französischen Luxuskaufhaus in Berlin. Nein, ich habe es noch nicht probiert – ich wollte zunächst wissen, wie es selbst und frisch gekocht nach Originalrezept schmeckt. Erst dann kann ich beurteilen, ob das Fertigprodukt etwas taugt. Ich habe allerdings wenig Zweifel, denn die Franzosen machen aus solchen Nationalgerichten oft sehr gute Fertigprodukte (z.B. auch Cassoulet), die den selbst gekochten nur in wenig nachstehen – und die verkaufen sie auch zu ‚gesalzenen‘ Preisen 😉

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Serviert werden die Tripes traditionell entweder mit Weißbrot zum Auftunken der Sauce oder mit gekochten Kartoffeln. Ein Glas Cidre dazu passt natürlich perfekt, aber auch ein  feiner Burgunder wie Mâcon oder Chablis paart sich hervorragend mit diesem Gericht. Bon Appétit Mesdames et Messieurs!

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Verwendetes Werkzeug:

große Schüssel

emaillierter Schmortopf

großes Küchensieb

Edition 7 – das Kochmesser

Edition 10 – der Kochtopf 24 cm

Kochlöffel aus Holz

Wie immer entstand auch dieses Rezept in der Testküche von d. die Pfanne® – der Marke für hochwertiges Kochgeschirr und Küchenaccessoires.

https://www.diepfanne.com

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Kategorien:HausMANNSkost, Klassiker, Nose to Tail EatingSchlagwörter:, , , , , , , , , , , , , , , , ,

14 Kommentare

  1. Hut ab, ein sehr schöner Beitrag!

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  2. hallo,

    offenbar bin ich der erste der dein gericht nachgekocht hat. es ist eine vollkommene enttäuschung geworden.dein beitrag war so gut geschrieben, dass man es schon beim lesen schmecken konnte. aber leider ist die zeitangabe bzw temperaturangabe falsch. habe nach der katastrophe andere rezepte(incl.französische) gegengelesen und keines gefunden, welches 18 stunden bei dieser temperatur gekocht wird. meistens waren es 8-10 stunden. habe es penibel nachgekocht mit allem drum und dran, inclusive backofentermometer. so wie du es eben beschrieben hast. die gesamte flüssigkeit war in diesen 18 stunden verdampft. der ganze aufwandund und 70€, alles für die katz.

    ALSO VORSICHT BEI DIESEM REZEPT!!!

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    • Hallo Frank, hast Du den Topfdeckel mit der Mehl/Wasser-Paste versiegelt?

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      • ja natürlich, wie gesagt alles nach deinem rezept. hm…

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      • Wenn die Flüssigkeit verdampft ist, dann war die Versiegelung offenbar nicht dicht -ansonsten könnte ja nichts verdampfen. Wenn der Deckel mit diesem Mehl-Wasser ‚Klebstoff‘ hermetisch verschlossen ist, kann Dampf nur innerhalb des Topf aufsteigen, kondensiert am Deckel zu Wasser und tropft zurück. Ich kann nur vermuten, dass es bei Dir so war. Ich habe das Gericht bestimmt schon 5 oder 6 mal gekocht und es war immer perfekt – allerdings habe ich es im Gusseisentopf (der auf meinen Fotos) gemacht. Da wiegt der Deckel alleine schon fast 2 kg und Topf- und Deckelrand sind rauh, was beim luftdicht verschließen hilfreich ist. Wenn die Flüssigkeit bei Dir weg war, dann ist das der einzige plausible Grund.

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      • hallo, werde es heute nochmals versuchen. eine frage habe ich noch zur dichtung. machst du eine dünne teigrolle die du dann auf den topfrand legst bevor du ihn mit dem deckel verschliesst? ich benutze auch einen 8/9 liter gusseisentopf mit schwerem deckel. danke nochmals für deine antwort

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      • Hi Frank, ich mach aus Wasser und Mehl eine ‚Paste‘ – keinen Teig – eher so was wie ein dickflüssiger Tapetenkleister und schmiere den Topf- und Deckelrand damit ein (schau Dir das Foto noch mal an). Und vielleicht gibst Du Deinem Ofen eine geringere Temperatur-Vorgabe … manche Haushaltsbackofen sind ‚besonders fleissig‘. Was bei mir 130°C waren, können in einem anderen Fabrikat durchaus nur 110°C sein.
        Kulinarische Grüße (und hoffentlich diesmal mehr Erfolg)!

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      • danke dir

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      • Gerne! Ich drück die Daumen 🙂

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      • hat gestern super geklappt alles und es schmeckte hervorragend. morgen kommt die 2.hälfte dran.
        das problem beim ersten mal war der ofen, bzw. das externe thermometer. hatte mir eins besorgt um den ofen zu kontrolieren und dann ist das teil nicht in ordnung, zeigte 130°C an obwohl der ofen über 160°C hatte. ein nachbarschafts-thermometer hat mir geholfen und mir gezeigt das mein ofen völlig korrekt arbeitet.
        wird auf jeden fall wieder gekocht. was für ein festessen!!!

        …und danke nochmals für deine tips.

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      • Na das freut mich aber! :)) Hätte mich auch sehr gewundert, weil bei mir bisher alles immer hervorragend geklappt hat. Ich wusste allerdings, dass meine Ofentemperatur korrekt ist – das war das erste, was ich geprüft habe, bevor er in Betrieb ging 😉

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  3. wo ist mein komentar geblieben?

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    • Hallo Frank – Kommentare müssen grundsätzlich erst auf Spam überprüft und dann freigeschaltet werden. Dies erfolgt normalerweise 1 x / Tag. Ich bitte um Verständnis. 🙂

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