Kuttelsülze | Jellied Tripe – Nose to Tail Eating


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Kutteln! Igitt! Innereien, Abfall, ‚für die Wurst‘, Hundefutter! Meinetwegen! Wer so denkt, weiß nicht, was er versäumt und hat die falsche Einstellung zum Essen von Tieren! Fergus Henderson, der Autor des Kult-Kochbuchs Nose to Tail Eating (und der Begründer dieses ‚Trends‘, der 15 Jahre nach Erscheinen seines Buches nun auch Einzug in die deutsche Foodie-Szene hält), ist ein Held aus der Küche! Als gelernter Architekt und bekennender Foodie ging er seinen eigenen Weg, eröffnete zusammen mit seiner Frau Margot ein winziges Restaurant im Londoner Stadtteil Soho mit dem Namen ‚The French House Dining Room‘ und begründete mit seiner Art, beim Kochen von Tierischem das GANZE Tier zu verwenden den Grundstein für ‚Nose to Tail Eating‘ (von der Schnauze bis zum Schwanz) – der Rest ist (kulinarische) Geschichte! Das St. John Restaurant in London wurde nach seiner Eröffnung im Oktober 1994 mit aberwitziger Geschwindigkeit zu einer Pilgerstätte internationaler Küchenchefs, denn Fergus kochte dort – eben ‚Nose to Tail‘! All die fast vergessenen und verabscheuten Innereien, unpopuläre Fleischzuschnitte, verschmähte Fischarten feierten ein rauschendes Comeback. Wie hat er das bloß gemacht?

Fergus Henderson hat die Gerichte unserer Mütter, Großmütter und Urgroßmütter mit qualitativ hervorragenden Produkten neu interpretiert. ‚Mackerel, Horseradish and Watercress‘ wurde (und wird) serviert als genau das, was es ist: Makrele, Meerrettich und Brunnenkresse! Die Makrele von bester Qualität, sanft geräuchert, der Meerrettich frisch gerieben, mit ein klein wenig Zitronensaft, Meersalz, weißem Pfeffer und Creme Fraîche verfeinert, und die Brunnenkresse mit einem Hauch von Olivenöl – sonst nichts! So kommt der Teller vor den Gast auf den Tisch – ohne dekorative Kräuterblättchen oder kunstvoll hingetropften Balsamico. Zurück zur Basis und das mit Macht!

Es ist nicht zu beschreiben – man muss es erlebt (und gegessen) haben. Das St. John ist seit der Eröffnung 1994 mein Lieblingsrestaurant weltweit und jeder, der London einen Besuch abstattet, sollte einmal dort gegessen haben! Anthony Bourdain ist durch seine TV-Serie auch in Deutschland bekannt – frag ihn einer, nach seinem Lieblingsrestaurant…richtig!

Ich arbeite mich derzeit einmal wieder durch Fergus‘ Kochbuch – ein Kochbuch, das nicht versucht, den Lesern das Nachkochen von Sterne-Restaurant-Küche nahe zu bringen (jahaa, das St. John wurde mittlerweile auch von den Michelin-Testern ‚besternt‘), sondern ‚Happy Eating with Friends & Family‘ proklamiert.

Heute gibt es… eine Sülze von Kutteln (Kalbspansen), traditionell nach britischer Art mit Cider (das ist britischer Apfelwein).

Zutaten:

2 Schweinefüße, halbiert

1,5 kg Kalbskutteln (Pansen)

300 – 500 g Kronfleisch vom Schwein – optional – (gibt es bei Claus Böbel)

2 Flaschen guten englischen Cider (kann notfalls durch Apfelwein oder französischen, trockenen Cidre ersetzt werden)

2 Knoblauchzwiebeln, im Ganzen

5 Lorbeerblätter

Ein Sträußchen frischer Thymian

1 EL Gänse- oder Entenschmalz (Butterschmalz alternativ)

8 Schalotten, geschält und in feine Ringe geschnitten

4 Karotten, geschält und in feine Scheiben geschnitten

2 Stangen Lauch, geschält, geputzt und in feine Scheiben geschnitten

6 Knoblauchzehen, geschält und fein gehackt

1 Dose San Marzano Tomaten

Meersalz und weißer Pfeffer aus der Mühle

optional 1 Glas Calvados oder Apfelschnaps

Schweinefüße, Knoblauchzwiebeln, Lorbeerblätter, Thymian und Cidre (und, wer möchte, den optionalen Calvados oder Apfelschnaps) in einen großen Topf geben und zum Kochen bringen. Hitze reduzieren und für 2 Stunden sanft köcheln lassen. Dann die in Streifen geschnittenen Kutteln und das Kronfleisch, falls verwendet, dazu geben und eine weitere Stunde köcheln lassen.

Die Kochflüssigkeit durch ein Sieb in einen sauberen Topf abgießen, die Aromaten (Thymian, Lorbeer, Knoblauch) heraus nehmen und entsorgen. Die Kochflüssigkeit auf die Hälfte einkochen.

Fleisch und Haut von den Schweinefüßen pulen, die Knochen entsorgen.

Das geschnittene Gemüse in Gänse- oder Entenschmalz sanft anschwitzen, bis es weich ist (etwa 5 Minuten). Die Tomaten mit der Hand zerdrücken und dazu geben, für etwa 20 Minuten weiter schwitzen, so dass die Flüssigkeit reduziert wird. Fleisch und Kutteln dazu geben, mit der Kochflüssigkeit bedecken und mit Meersalz und weißem Pfeffer würzen. Für 30 Minuten sanft zusammenköcheln lassen.

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Eine passende Terrine oder Form mit Frischhaltefolie auslegen und die Mischung hineingeben. Mit Kochflüssigkeit gerade so eben bedecken und abkühlen lassen. Die Form mit der Sülze einige Male, wie sagt man? Aufklopfen? Luftblasen sollen entfernt werden – also kloppt das Ding ein paar Mal auf die Arbeitsplatte! Mit Frischhaltefolie bedecken und über Nacht in den Kühlschrank stellen.

Am nächsten Tag habt ihr eine wunderbare, fleischige Kuttelsülze (ich empfehle dringend, das Schweine-Kronfleisch zu verwenden), die mit Cornichons (oder sauren Gurken), etwas Dijon-Senf und Brot serviert wird. Auch ein Chicorée-Salat mit einer Vinaigrette mit viel Dijon-Senf passt gut dazu. Und Brot!

Meine Lieferung an Kutteln gab noch genug her, um ‚Tripe & Onion‘ (Kutteln mit Zwiebeln in Milch) zu kochen – Resteverwertung ganz im Sinne von ‚Nose to Tail Eating‘ 😉

Das Schweine-Logo am Kopf dieses Beitrags erscheint mit freundlicher Genehmigung von Fergus Hendersons St. John Restaurant, London.

Kategorien:Basics, HausMANNSkost, Nose to Tail EatingSchlagwörter:, , , , , , , , , , , , , ,

6 Kommentare

  1. Hallo!! Ich suche gerade ein Kuttelnrezept und bin hierbei abermals auf dich gestossen. Schön, dass es noch andere St. John-Fans gibt. Leider mag ich Gelée nicht, aber dein Jelly sieht doch sehr gelungen aus!
    V
    Liebe Grüsse aus Zürich

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    • Vielen Dank Nicole – jaaa, das St. John ist schon große Klasse…leider bin ich nicht mehr so oft in London wie früher, deshalb koche ich mich durch Fergus‘ Bücher ;). Das Jelly aus Cider hat was! 😉

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  2. ich war im Januar das letzte Mal dort und habs sogar verbloggt. In der Schweiz kennen wir das Schnörrli bis zum Schwänzli-Prinzip (süss, gell?) eigentlich auch, aber die breite Masse tut sich schwer damit! Solltest du mal im Herbst in der Schweiz sein, lass dir die „Metzgete“ nicht entgehen.

    Ich werde mit den Kutteln entweder einen Salat machen oder sie dann panieren. Wenns was wird, werde ich darüber berichten. Ich hoff, du schaust vorbei?

    LG

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    • Werd ich mal nachlesen – hab bloß grad Besuch vom Hersteller von d.die Pfanne® aus China und komme erst morgen nachmittags dazu. Panierte Kutteln (frittiert) hat Fergus auch in seinem zweiten Buch ‚Beyond Nose to Tail‘ – kommt demnächst auch mal dran….
      Liebe Grüße in die Schwyz

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      • Oh nööö. Ich habe nur Band1!

        Kein Stress. Ich komme frühestens am Weekend dazu, und das hat leider nur 48 Stunden (lach), denn eigentlich wollte ich noch wursten… Ja, ja. Was die junge Frau von heute halt so am Wochenende macht!

        Viele Grüsse

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