Geschmortes Rindfleisch mit Rotwein


Boeuf Bourguignon…ein Klassiker der Französischen Küche! Hunderte von Rezepten gibt es dafür, mariniert, nicht mariniert, mit Perlzwiebeln, ohne Perlzwiebeln, mit…ohne…nicht…doch…aber…

Ein wenig Purismus kann nie schaden. Die Sauce soll tief rot-braun sein, keine ‚Verunreinigungen‘, keine Gemüsereste, Kräuterblättchen (ausser der Petersilie, du zum Servieren drüber gestreut wird), also seihen, filtern, abschöpfen….das volle Programm.

Basis für meine Sauce ist eine Rotwein-Reduktion. Hier braucht nichts mariniert zu werden.

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Schalotten, Rote Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, Selleriestangen, braune Champignons, Pastinaken, Karotten…..ja, ist nicht alles im Bild, aber: express yourself!

Gemüse in Scheiben schneiden, die Zwiebeln und Schalotten würfeln, den Knoblauch zerdrücken. Mit Lorbeerblättern, Pfefferkörnern, Thymian, Petersilie und 2 Flaschen Rotwein….einen solchen, den ihr auch trinken würdet, keine ‚Kochwein-Plörre!‘ in den Schmortopf und aufkochen. Zwei bis drei Minuten bei starker Hitze kochen lassen, Hitze zurücknehmen und sanft köcheln lassen bis die Flüssigkeit fast komplett verkocht ist.

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Nach etwa einer Stunde sollte das SO aussehen…

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Vom Herd nehmen und nochmals Gemüse und Kräuter untermengen.

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Ich nehme hier Onglet (Nierenzapfen) – das sind die Lendenpfeiler des Zwerchfells vom Rind – ein wunderschön grobfasriges Stück Fleisch, welches in den letzten Jahren eine grandiose Renaissance erfuhr….sehr zu meinem Bedauern! Bis vor einigen Jahren war dieser Zuschnitt hierzulande (und auch anderswo – ausser in Fronkraisch) fast völlig in Vergessenheit geraten und fristete allenfalls ein unbedeutendes Dasein in Tierfutter oder Wurstzubereitungen. ‚Minderwertige Fleischteile’…ha!

Vor zehn Jahren gab es das bei jedem ländlichen Fleischer auf Vorbestellung…2-3 Euro fürs Kilo. In vielen Dorfwirtshäusern wurde früher einmal im Monat, meistens an einem Sonntag ‚Kronfleischessen‘ veranstaltet – das Zwerchfell wurde in Brühe kurz gekocht (innen rosa!!) und mit Meerrettich und Sauerteigbrot gegessen. Es gibt kaum ein vielseitigeres Stück vom Rind! Es nimmt Marinade auf wie ein Champion, kann kurz (blutig) gebraten werden, oder auch Medium, oder man schmort es….wie hier! Der Eigengeschmack ist kräftig und erinnert etwas an Nieren.

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Fleisch in etwa 3 x 5 cm Stücke schneiden, mit Salz und Pfeffer aus der Mühle würzen. Den Boden einer Pfanne mit einem halben cm Keim- oder Albaöl bedecken und erhitzen. Ja genau, soooo viel Öl! ich hatte das schon mehrfach geschrieben – das Fleisch nimmt nur eine bestimmte Menge Öl an und die exzessiv erscheinende Menge verhindert, dass das Fleisch ankokelt. Wir wollen Röstaromen – keine Kohle!

Das Fleisch rundherum scharf anbraten – nicht alles auf ein Mal(!) – sonst geht die Temperatur in der Pfanne zu weit zurück und der ganze Saft läuft aus dem Fleisch (und nix ist mit Röstaromen!).

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Wenn das Fleisch gebräunt ist, aus der Pfanne nehmen und auf ein Abtropfgitter mit Küchenkrepp setzen. Das überschüssige Öl entsorgen.

Ihr erinnert euch, was ich eingangs gesagt habe? Keine Verunreinigungen in der Sauce! Ein Stück Küchengaze etwa 5 cm größer, als der Durchmesser des Schmortopfes, zurechtschneiden….ein ausrangiertes Geschirrtuch (reines Leinen wäre gut) tut es auch. Das wird, gut angefeuchtet,  als ‚Barriere‘ auf das Gemüse gelegt und verhindert, dass beim schmoren Gemüse- oder Kräuterstücke am Fleisch haften bleiben und später die Sauce ‚verunreinigen‘.

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Ofen auf 160°C vorheizen. Das Fleisch mit heißem Kalbsfond übergießen bis es fast bedeckt ist. Aus Backpapier einen ‚Deckel‘ schneiden und damit abdecken. Den Topf in den Ofen stellen, Temperatur auf 140°C zurück nehmen und 3 bis 3 1/2 Stunden schmoren lassen.

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Kleine Kartoffeln (Drillinge, Fingerlinge oder am besten: Bamberger Hörnchen!!) schälen und in Salzwasser gar kochen. Abschrecken! Karotten schälen, in mundgerechte Stücke schneiden und ebenfalls in Salzwasser gar kochen. Ebenfalls abschrecken , so dass sie ihre Farbe behalten.

Ich kann mir nicht verkneifen, es nochmals zu sagen: das Salz erst ins Wasser geben, wenn es kocht! Besonders bei Verwendung von grobkörnigem Salz (ich nehme Gros Sel Gris de Guérande), passiert es oft, dass sich am Topfboden ‚Salzblüte‘ bildet. Das sind hässliche braune Flecken, die aus einer Reaktion des Salzes mit dem Stahl entstehen und sich nicht mehr ohne weiteres entfernen lassen. Wenn das Salz in kochendes Wasser gegeben und sofort gerührt wird, löst es sich größtenteils auf, bevor es den Topfboden erreicht.

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Wenn das Fleisch gar ist, aus dem Topf nehmen und auf ein Abtropfgitter setzen. Die Küchengaze (oder das Geschirrtuch) herausnehmen. Ja, ich weiß….das ist eine ziemliche Sauerei – aber das Resultat ist es wert!

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Einen Seiher mit feuchter Küchengaze (hier kann das gut gespülte Textilteil, welches das Fleisch beim schmoren vom Gemüse getrennt hielt, verwendet werden) auslegen und die Sauce in einen Topf abseihen.

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Bei mittlerer Hitze um etwa 1/3 reduzieren und mit etwas Roux (Einbrenn, Mehlschwitze) leicht binden.

Braune Champignons putzen, Stiel abschneiden und die Kappen halbieren. In etwas Butter braten, bis die Ränder braun werden.

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Den Topf säubern und das Fleisch mit der Sauce hinein geben.

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Kartoffeln, Karotten und die Pilze dazu geben, leicht vermengen und sanft erhitzen. Mit gehackter Petersilie bestreut servieren!

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Dazu passen Französische Chansons sowie größere Mengen eines guten Burgunders – und wer den nicht im Hause hat, trinkt einen Roten nach seinem Geschmack dazu…it’s Liberty Hall!

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Wie…ich krieg nix ab…???!!!

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3 Kommentare

  1. Herzlichen Dank für das sehr schmackhafte Rezept und wertvolle Tipps. Wäre es möglich, dass Sie für Laien (wie ich) das Rezept um die Mengenangaben an Zutaten ergänzen? Ein ca. oder von bis würde auch helfen. Merci vorab

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    • Hallo Ewa,
      vielen Dank für den Kommentar und das Lob.
      Die benötigten Mengen richten sich danach, wieviel Fleisch verwendet wird. Pro Person würde ich etwa 250-300g Fleisch nehmen. Für 4 Personen also 1-1,2 kg.
      Für die Rotwein-Reduktion: 2 Flaschen Rotwein und das kleingeschnittene Gemüse „freihändig“ – wie oben im Zutatenbild (sollte insgesamt etwa dem Gewicht des Fleisches entsprechen).
      Heißer Kalbsfond: mindestens 2,5 Liter (das Fleisch soll beim Schmoren leicht bedeckt sein. Ich würde keinesfalls Kalbsfond aus dem Glas nehmen, denn diese Fertigfonds enthalten ausnahmslos zu viel Salz (durch den Flüssigkeitsverlust beim Schmoren wird der Fond konzentriert und sehr salzig). Einen guten Fond kann man in großer Menge ganz einfach selbst (ohne Salz 😉 ) kochen und dann Literweise einfrieren oder einwecken.
      Kartoffeln und Karotten (für die Einlage am Schluss): je 500 g, Pilze: 2-4 Stück p.P. (je nach Größe).
      Für mehr oder weniger Personen je nach Fleischmenge die anderen Mengen anpassen 🙂

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