T-Bone Steak von der Färse (dry aged)


Ein 710g schweres T-Bone Steak von der Färse, natürlich und sogar dry aged, „30 Tage am Knochen gereift!“, wie auf dem rückseitigen Label steht, schrie mich gestern in der Metro an: „Nimm mich mit!“

 

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„Goldbeef, zart und saftig“ und „100% bestes Rindfleisch DRY AGED“ weist das Label in ansprechenden Lettern auf der Rückseite auf. Auf der Vorderseite die Marke „Eyckeler & Malt“  – noch nie gehört oder gelesen, aber klangvoll… Dazu das Metro-eigene „PRO TRACE“ Logo mit dem Zusatz „Orgainvent 20003″- also 100%ige Rückverfolgbarkeit. Sieht doch gut aus, oder?

 

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Geboren in:   DEUTSCHLAND

Gemästet in:   DEUTSCHLAND

Geschlachtet in:   DEUTSCHLAND   ES137

Zerlegt in:   DEUTSCHLAND   EZ318    so weit, so gut!

Kleingedruckt die Adresse: Vion Hilden GmbH, Westring 21, D-40721 Hilden (die Firma „Eyckeler & Malt“ gibt es übrigens schon lange nicht mehr. Das ist nur noch eine „traditionsreiche Marke“ im Portfolio des Vion-Konzerns).

Aha! Diese Adresse kenne ich doch… Firmiert unter dieser Adresse nicht die „Beilerei“? (Link öffnet ein neues Fenster zum Impressum der „Beilerei“). Na, das wird interessant…

Kostenpunkt? €29,99/kg + 7% MwSt. – bei der „Beilerei“ kostet es immerhin €69,00/kg (inkl. MwSt., zzgl. Versand) – siehe hier.

Wer hier öfter mitliest, weiß dass ich ein sehr kritischer Verbraucher bin und mich nicht so gerne von den Werbeaussagen der Fleischindustrie täuschen lasse. Selbstverständlich habe ich meine bewährten Quellen für gutes Fleisch, doch ab und an teste ich, was auf dem Markt so angeboten wird und ob die Werbeaussagen auch eingehalten werden. Ist das so, schreibe ich drüber und ist das nicht so, schreibe ich ebenfalls drüber 😉

Dies war ein Testkauf um zu prüfen, ob die Qualität dieses Steaks hält, was die Aussagen und Kennzeichnung auf den Etiketten versprechen. Die Fakten in diesem Beitrag wurden umfassend recherchiert. Mein Testergebnis ist subjektiv und meine persönliche Meinung:

Dieses T-Bone Steak sieht schon mal vielversprechend aus. Transparenz in der Herkunft, kein Jungbullen-Turbomast-Fleisch, sondern von der Färse (die immerhin 6 Monate älter werden dürfen, als Jungbullen und deshalb auch 6 Monate länger Futter fressen, Medikamente brauchen und Platz beanspruchen). Mit etwas über €30,00/kg auch kein Discounterangebot, obwohl … für das, als was es ausgewiesen ist, ist der Preis schon … ahem … „günstig“.

Der Schlachtbetrieb ES137 ist der Städtische Schlachthof Bamberg im Frankenland. Klingt auf den ersten Blick nicht schlecht, doch wenn man ein wenig genauer hinsieht, erfährt man, dass dort nicht nur für den Vion-Konzern, sondern auch für Tönnies geschlachtet wird – zwei der größten Massenfleischlieferanten der Welt!

Der Zerlegebetrieb EZ318 ist, wie oben geschrieben, die Vion Hilden GmbH, der gleiche Betrieb, aus dem auch das „Gourmetfleisch“ der Beilerei kommt. Die Beilerei – ein  Online-Shop, wo mit Schlagworten wie „Metzgerhandwerk aus Leidenschaft“ und „Nur das Beste vom Besten“ der stetig wachsenden Fangemeinde für gutes Fleisch und höchsten Fleischgenuss teueres Fleisch aus einer Massenfleischfabrik angeboten wird. Da wird echtes Handwerk suggeriert – man kann dort jederzeit anrufen und mit einem echten Metzgermeister am Telefon fachsimpeln. Die Beilerei firmiert unter dem Namen „Hildener Landmetzgerei GmbH“, doch wer diese „Landmetzgerei“ unter der angegebenen Adresse Westring 21, D-40721 Hilden besuchen will, landet nicht an einer ländlichen Metzgerei-Fleischtheke, sondern mitten in einem Industriegebiet – nämlich bei besagtem Zerlegebetrieb des Vion-Konzerns, der von dort aus Fleischwaren in alle Welt liefert.

Das Steak sieht gut aus, hat eine ansprechende Marmorierung intramuskulären Fetts, sowie einen ca. 1 cm dicken Fettrand auf der Roastbeef-Seite. Ca. dreieinhalb bis vier Zentimeter dick ist es auch nicht gerade als „Carpaccio“ zu bezeichnen. Von der Folie befreit riecht es nicht unangenehm, aber auch nicht sehr intensiv.

Ich habe das T-Bone in der gusseisernen Grillpfanne ganz klassisch zunächst auf dem Fettrand und den schmalen Seiten angebraten und dann auf jeder flachen Seite zunächst 4 Minuten bei mittlerer bis hoher Hitze gebraten, dann um 90° gedreht und jede Seite nochmals für 2-3 Minuten, um ein schönes Grillmuster zu bekommen. Anschließend im Ofen bei 120°C auf eine Kerntemperatur von 58°C nachziehen lassen.

 

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Das Fleisch wurde ohne Salz probiert, um den puren Fleischgeschmack nicht zu verfälschen.

Der Geschmack: extrem säuerlich/metallisch – „dry aged“ Rindfleisch schmeckt eher nussig/buttrig!

Die Konsistenz: saftig – ja, zart – nein. Es war nicht zäh, aber ich würde es als „leicht gummiartig bissfest“ bezeichnen (was sich übrigens auch auf den Filet-Anteil dieses T-Bones bezieht). Das ist nun per se nichts Schlechtes bei einem guten Stück Rindfleisch. Manche mögen es lieber etwas bissfest, aber die Aussage auf dem Label „zart“ war nicht nachzuvollziehen.

Der extrem säuerliche Geschmack hingegen, legt die Vermutung nahe, dass hier ein Fleisch als „dry aged“ verkauft wird, obwohl es „wet aged“ (also nass in der Folie gereift) ist. Ob dies durch einen Fehler bei der Labelung oder bewusst als Verbrauchertäuschung geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Geschmack war jedenfalls so extrem „sauer“, das ich dieses Steak (ausser dem Versuchshappen) nicht essen wollte.

Dass dieses Steak im Vergleich zu hochwertigem, wirklich trocken gereiftem Fleisch, für mich einfach nur schlecht schmeckte, ist sicher subjektiv, doch darum geht es nicht. Es geht vielmehr um Etikettierung, die die Erwartungshaltung in die Höhe schraubt, die dann aber vom Produkt in keiner Weise erfüllt wird.

 

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Es gibt ganz klar einen Trend hin zu besserer Fleischqualität – deshalb setzen auch die großen Fleischkonzerne mittlerweile drauf. „Dry aging“ (also trocken abhängen, so wie es früher gemacht wurde) ist mittlerweile auch in den Kühlregalen der Discounter angekommen. Da wird dann schon mal solches Fleisch mit 19€/KG verkauft – was ja nun nicht gerade „billig“ ist. Wenn man rückwärts rechnet, wird ein Schuh draus (im wahrsten Sinne des Wortes

19€/KG beinhaltet zunächst 7% MwSt., dann die Marge des Einzelhandels (die ist variabel). Färsen werden im Alter von 24 Monaten geschlachtet, Jungbullen hingegen mit 18 Monaten. Das macht schon mal für 6 Monate Futter, Stallplatz, Medikamente… Dazu kommt, dass das Fleisch bei „dry-aging“ mindestens 30% an Gewicht verliert (im Gegensatz zu „wet aging“ in der Folie, wo kein Gewichtsverlust auftritt – vom austretenden Wasser abgesehen, aber das wird in der Folie ja mit verkauft). Wenn man all diese Faktoren berücksichtigt, dann müsste das Fleisch mindestens 30€/KG kosten. Hier in diesem speziellen Fall war das ja auch so – aber trotzdem war dieses Fleisch eben meiner Meinung nach nicht trocken gereift, was man am säuerlich/metallischen Geschmack deutlich merkt.

Das große Problem ist, dass seit den ’70er Jahren in der Fleischindustrie fast nur noch Nassreifung eingesetzt wird und viele Verbraucher deshalb gar nicht wissen, wie trocken gereiftes Fleisch schmeckt, oder schmecken sollte. Erst mit der „Rückbesinnung“ auf „dry aging“, anfangs nur von kleineren Betrieben, wurde dem Verbraucher wieder wohlschmeckendes Fleisch „wie früher“ zugänglich gemacht. Die Nachfrage stieg und dann sprangen auch die großen Fleischkonzerne auf diesen Zug auf und verbreiteten die frohe Kunde vom edlen, trocken gereiften Fleisch mit entsprechend groß angelegten Marketingkampagnen. Nur deshalb funktioniert dieser Trick mit den Labeln (sofern es kein „Versehen“ ist) – der Großteil der Verbraucher bemerkt den Unterschied gar nicht. Hauptsache „dry aged“ steht drauf und schon hat man „etwas Besonderes“ auf dem Teller.

Mahlzeit!

N.B.: Weil unsere beiden Freigänger-Katzen Fergus & Momo (auch „Fellhaie“ genannt, weil sie alles, was nach Essen riecht, wie die Haie ihre Beute umkreisen 😉 ) den Unterschied zwischen „dry aged“ und „wet aged“ noch nicht kennen, durften sie sich an diesem Steak erfreuen.

 

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2 Kommentare

  1. Wunderbar, thank You for writing this down for A reader on fathers day, Yours, TTT

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