Wenzel Pankratz‘ Forsthaus Strelitz – ein Restaurant, was mir immer wieder großen Spaß macht. Nicht nur begann der Tag mit strahlendem Sonnenschein, auch der ‚Once in a Blue Moon‘ Supermond begleitete uns am Abend des 1. Februar 2018 dorthin – wenn das kein gutes Omen für die nächsten 10 Jahre ist …
Wenn mich jemand fragt, was ich gerne an meinem ‚runden‘ Geburtstag tun würde, gibt es nur zwei Antworten: Eine davon ist mittlerweile unmöglich zu erfüllen. Die Fete mit guten Freunden und (und das ‚und‘ ist hierbei der Ausschlag gebende Faktor) einer Band, die da spielt … Diese Band besteht aus drei Männern, die etwas älter sind als ich – Leslie West, Corky Laing und Ritchie Scarlet – besser bekannt als ‚Mountain‘ … Dinosaurier des Bluesrock seit Woodstock (ja, dort sind sie aufgetreten). Ich hatte das Vergnügen, sie vor 11 Jahren in einem Pub in Sutton (das ist ein Stadtteil von London in der Nähe von Wimbledon) zu erleben und persönlich kennenlernen zu dürfen. Damals stand auch ein runder Geburtstag mit derselben Idee bevor, aber es scheiterte an Verpflichtungen von Mountain in den USA zu dieser Zeit. Diesmal scheiterte es erneut – weil Leslie seit der Amputation seines rechten Unterschenkels nicht mehr interkontinental reist und damit ist dies wohl von meiner ‚bucket list‘ gestrichen.
Die Alternative: Mal nicht kochen – essen gehen! Und zwar da, wo ich gerne hingehe – und nein, kein Dreisternetempel. Ich wollte zu Wenzel Pankratz im Forsthaus Strelitz, etwa 120 km nördlich von Berlin, 50 Meter von der B96 und kurz vor Neustrelitz, denn dort kann man verdammt gut essen, ohne die nordschwedische Pampa zu bereisen (wo Magnus Nilsson sein gefeiertes Restaurant, das ‚Fäviken Magasinet‘, betreibt). Was Wenzel da in der Meck-Pommschen Provinz auf die Teller bringt, ist genauso genial – nur erheblich unaufgeregter. Da klatscht keiner zweimal in die Hände und erklärt den dann lauschenden (oder nicht lauschenden) Gästen, was da grade serviert wird, wer es geerntet und geschnitten hat oder wer das Rind, Schwein, Lamm oder den Fisch zu Tode gestreichelt hat. Im Forsthaus Strelitz kommt es, von Wenzels Schwester Sarah serviert, auf den Tisch und sie informiert kurz und knapp, was es ist. Basta. Reicht ja auch. Die Teller sprechen für sich.
Lamm, Lachs & Sellerie
Das war weder der Gruß aus der Küche, noch der erste Gang – das kam so als dritter oder vierter Teller und war nicht nur mein persönliches Highlight, sondern auch zum Anlass für mich gekocht – Danke, Wenzel! Und wenn ihr genauer hinschaut, dann erkennt ihr sicherlich die ‚Wurst’…. 😉
Lammhoden, in Scheiben geschnitten, sehen einer gebratenen Weißwurst zum Verwechseln ähnlich, nicht wahr? Und wie schmeckt das? Na – verdammt gut! Wie eine hervorragende, frische Münchner Weißwurst, mit Bries – wer weiß, was Nose to Tail Eating bedeutet, kann mir hier sicher folgen 😉
Die Haut vom handgeangelten Wildlachs knusprig frittiert, die geschmorte Selleriescheibe aus dem Garten hinterm Forsthaus … ich war im kulinarischen siebten Himmel!
Klar gab es vorneweg den Gruß aus der Küche – Leinsamencräcker mit Buttermilchcreme (dafür muss man nicht nach Nordschweden fliegen) und das hausgebackene Sauerteigbrot mit Butter, Salz und – diesmal mit geräucherter Entenbrust…
Der Kaviar vom Hecht kommt von einem Fischer in der Nachbarschaft – der Rogen wird gewaschen, abgetrocknet und leicht eingesalzen – bisschen Zitrone dazu und serviert mit eingemachten Pfifferlingen aus den Wäldern hinterm Haus.
Ei, Douglasie und Karpfen waren zum Reinsetzen – aber da kam noch mehr.
Die knusprige Haut vom handgeangelten Lachs hatte bereits die Lammhoden dekoriert … nein, nicht ‚dekoriert‘ – das war ein großartiges ‚Foodpairing‘, um diese Bezeichnung schnoddrig zu gebrauchen (Wenzel würde dieses Wort wohl nicht in den Mund nehmen). Der gebeizte Lachs, mit Sonnenblumenkern und Dill aus dem Garten war das nächste Highlight. Die Tranchen schmolzen regelrecht im Mund … allein schon wegen diesem Lachs werde ich wohl sehr bald wieder dort sein.
Habe ich die Suppe vergessen? Sellerieessenz mit Zwiebel und Douglasie.
Nose to Tail continued – auf Herz und Niere (vom Lamm) durfte ich weiter schlemmen, mit einem gebratenen Austernseitling – hat da nicht irgendwann mal ein selbsternannter Restaurantkritiker geschrieben, im Forsthaus Strelitz würde man nicht satt?
Ente und Rote Bete … passt das noch rein? So gerade eben noch …
Und das nicht so süße, süße Finale – Milch & Sanddorn.
Wenzel versteht es, mit lokalen Zutaten immer wieder zu überraschen. Alles, was der Garten und die Umgebung hergibt, wird in seiner Küche verarbeitet – nicht aus Selbstzweck, sondern aus Notwendigkeit … und weil er es kann. Brutal lokal – ganz ohne Dogma. Zugegeben, Neustrelitz ist weitab vom Schuss, aber ein 6-Gänge-Menü in dieser Qualität in authentischem Ambiente für neunundvierzig Euro ist für manchen eine Reise wert, denn man kann dort auch stilvoll übernachten und das Frühstück ist legendär …
Dies war nicht mein erster und auch nicht mein zweiter Besuch im Forsthaus Strelitz (Link zur Facebook-Seite) und mein letzter ganz sicher nicht. Ich bin gespannt, was Garten und Umgebung im Frühjahr hergeben und freue mich aufs nächste Mal.
Das sieht sehr großartig aus, alles! Alles Gute nachträglich von mir an dieser Stelle:).
Wren
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