Vitello…NICHT Tonnato


Vitello Tonnato – die italienische Interpretation von Surf’n’Turf ( das heißt wörtlich Brandung und Rasen…sinnbildlich für Fisch und Fleisch), an sich schon eine tolle Kombination…oder ‚Food Pairing‘, wie man zu ‚Hipsterdeutsch‘ sagt. Überhaupt – diese ‚Hipster‘! Lange Bärte, kombiniert mit einem sogenannten ‚undercut‘ Haarschnitt, Hornbrille, Flanellhemd, Hosenträger und unbedingt und mindestens halbkörpertätowiert. Puuuuh! Warum muss ich da bloß an ‚Eitelhart & Rotzig‘ denken? Ich habe da wohl etwas verpasst. Nose to tail eating wurde von unseren Groß- und Urgroßeltern praktiziert und war so normal wie heute der Curry-King aus dem Supermarktkühlregal….und wurde vergessen. Dann öffnete Fergus Henderson 1994 sein St. John Restaurant in London, publizierte 1999 sein Kochbuch ‚Nose to Tail Eating‘ und es dauerte fünfzehn Jahre, bis das auch in Deutschland als Kult zelebriert wurde. Und alle sind se tätowiert und halten sich für sonst was.

An sich ist ‚Nose to Tail Eating‘ eine tolle Sache. Esst auch die unpopulären Teile, wenn ihr das Tier schon umbringt. Alles! Auch Innereien und so. Also doch nicht so übel, die Hipster in der Kochszene? Sollen sie machen, wie sie mögen – ich zeige euch heute, wie man ein Vitello, also zartes Kalbfleisch, mit einer Sauce von Hechtleber macht. Die Idee dafür ist eigentlich dem Christian Petz aus Wien zuzuschreiben. In seinem Wirtshaus Gußhaus in der österreichischen Metropole serviert er Vitello Dorschato. Und auch noch andere Ehrlichkeiten. Er macht das mit Dorschleber. Aus der Dose. Genial! Überhaupt ist der Mann nach meinem Geschmack. Keine Tattoos, kein Bart (zumindest kein langer), kein Flanellhemd, aber er hatte zwei Michelin-Sterne. Und er scherte sich einen Dreck darum. Ich bedanke mich deshalb bei Christian Petz für die Inspiration.

Die Idee mit der Dorschleber ist zwar Klasse, aber ‚I like to go local‘ – ich habe die durch Hechtleber von den Müritzfischern ersetzt. Die kommt zwar nicht in der Dose, sondern im Glas, und sie ist auch gebraten und mit Gewürzen eingelegt, aber das macht das Ergebnis nicht schlechter.

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Vitello Tonnato wird zwar traditionell mit Fleisch von der Kalbsnuss gemacht, aber ich folge Christian Petz mehr als gerne und nehme Kalbsrücken. Der ist saftiger und hat auch eine Fettschwarte – alles, was glücklich macht.

Für 4 Esser

1 Glas Hechtleber von den Müritzfischern (abgetropft und ohne die Gewürze) – Alternativ eine Dose Dorschleber

1 Eidotter (zimmerwarm)

1 TL Dijon-Senf

1 TL Salzkapern (10 Min. gewässert und abgetropft)

2 Sardellenfilets

1 Spritzer Zitronensaft

170 ml Geflügelfond

130 ml bestes Olivenöl

1/2 TL scharfer Rosenpaprika

etwas Glattpetersilie und Basilikum zum Dekorieren

400 g Kalbsrücken

1 Zwiebel, fein gehackt

1 große Karotte, fein gewürfelt

2 Lorbeerblätter

1 Knoblauchzehe, fein gehackt

1 Zweig Thymian

1 EL wilder Andaliman-Pfeffer (optional – aber gut!)

2 EL Olivenöl

1 Fl. Weißwein (einen den ihr auch trinken würdet)

400 ml Geflügelfond

Meersalz und weißer Pfeffer aus der Mühle

Kalbsrücken mit Salz und Pfeffer würzen, in Olivenöl anbraten und auf ein Abtropfgitter beiseite stellen. Zwiebel, Karotte und Knoblauch im verbliebenen Öl leicht anrösten, Gewürze zufügen und mit Wein und Fond aufkochen. Kalbsrücken dazu geben und für 20 Minuten ziehen lassen. Heraus nehmen und kalt stellen. Die Karottenwürfel heraus nehmen, abtropfen lassen und ebenfalls kalt stellen.

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Hechtleber mit allen Zutaten, außer dem Olivenöl, mit einem Stabmixer fein mixen, Olivenöl tröpfchenweise zugeben und weiter mixen bis eine cremige Konsistenz entsteht. Mit Salz und Rosenpaprika abschmecken.

Mit einem tödlich scharfen Messer den gekühlten Kalbstücken in feine Scheiben schneiden, mit der Sauce überziehen und mit den Karottenwürfeln, Petersilie und Basilikum bestreuen. Lasst es noch eine Stunde ziehen – wird nur besser 😉

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Ein feiner (in diesem Fall österreichischer – schon aus Respekt für Herrn Petz) Wein dazu ist ein Gelber Muskateller ‚Steirische Klassik‘ von Erwin Sabathi – lecker!

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Und wo bleibt der Rock’n’Roll?  Da hat mich mal wieder Cornelia drauf gebracht… schaut selbst:

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