Meine Frau mag wenig bis gar kein Fleisch. Fett, Knorpel und Bindegewebe noch weniger. Ich liebe die fettige Qualität von Schweinebauch. Dilemma, Dilemma!
Also Wirsing. Und Kohlrabi. Und den Schweinebauch werde ich so modifizieren, dass es ihr schmeckt.
Ich hatte noch Schweinebauchscheiben und desgleichen Gekasslerte vom glücklichen (war es wirklich glücklich? – zumindest wurde es artgerecht gehalten) Bio-schwein im Kühlschrank. Und einen Kopf Wirsing und einen Kohlrabi. Beide massiv unterbewertet (…weil billig?) Das bekommen wir mit ein klein wenig ‚design’ in Form von Ringen aus Edelstahl hin…und dieselbe Chose wird auch den Schweinebauch so transformieren, dass meine Frau ihm einen Chance gibt.
Bauchscheiben bei niedriger bis mittlerer Hitze leicht bräunen (nicht salzen- das Gekasslerte hat schon genug Salz!) und dann mit halb Cidre, halb Kalbs- oder Rindsfond (SEBSTGEMACHT – um Himmels willen! Aber dazu komme ich später noch…) und etwas Thymian, Lorbeer, Piment, Sternanis, Koriandersamen, einer geviertelten Schalotte, einigen Lauchabschnitten und einer geachtelte Karotte für zweieinhalb Stunden in den 160° vorgeheizten Ofen.
Ein ‚Deckel’ aus Butterbrot- oder Backpapier – zugeschnitten auf die Topfgröße macht hier Sinn…wir wollen schmoren und nicht braten!
Was gibt dem Gemüse den winterlichen Kick? Man nehme….Macis! Okay, das ist nicht überall als getrocknete Blüte zu bekommen, aber das Bild zeigt ziemlich deutlich, wo es verfügbar ist. Macis und kräftiger Kohl sind eine Offenbarung!
Beim Blanchieren des Gemüses in Salzwasser (um Himmels Willen das Salz – vorzugsweise graues, feuchtes Meersalz aus der Guérande – erst dazu geben, wenn das Wasser kocht, sonst gibt’s Salzblüteflecken im teuren Edelstahltopf) eine kleine Handvoll Macis dazu geben.
Der Kohlrabi-Zylinder machte mir Malässe. Es ist zwar einfach, den Edelstahl-Ring durch den Kohlrabi zu schieben (siehe Foto oben), aber der Ring wollte das Gemüse nicht mehr loslassen. Klopfen, drücken, schlagen – nichts half, also hab ich den Kohlrabi-Zylinder mitsamt seinem ‚Gefängnis’ blanchiert -10 Minuten lang. Hat funktioniert 🙂 Ging nach einem kurzen Bad im Eiswasser raus wie Butter…
Das Eiswasser-Bad wurde auch dem Wirsing zuteil – schließlich ist Winter und er soll seine grüne Farbe behalten.
Der geschmorte Bauch wird nach zweieinhalb Stunden aus der Brühe gefischt. Das geht natürlich leichter, wenn er vorher noch eine Stunde zum Abkühlen hatte. Die Schmorbrühe wird abgeseiht – für eine schöne klare Sauce durch Küchengaze (ich weiß – kaum zu bekommen hierzulande, aber eine von diesen Öko-Windeln – neu natürlich 😉 tut es auch).
Ein wenig Süßrahmbutter im Topf schmelzen, halb süße Sahne, halb saure Sahne dazu und den abgetrockneten Wirsing darin schwitzen, bis die Sauce dick wird. Etwas weißen Pfeffer aus der Mühle dazu. Salz war schon genug im Blanchierwasser. Und die Schmorbrühe reduzieren.
Nun kommt die wundersame Transformation der geschmorten Schweinebauchscheiben ins ‚Formfleisch’:-) Das grobe Fett, Schwarten, Knorpel und Bindegewebe werden entsorgt, das Fleisch in Würfel geschnitten und ab in die Ringe!
Den Kohlrabi-Zylinder habe ich in vier Scheiben geschnitten – davon kommt je eine in einen weiteren Ring als Boden. Oben drauf der Wirsing – schön andrücken, so dass überschüssige Sauce rausläuft, und da oben drauf ein Kohlrabi-Deckel. Der Ofen hat wieder fast 200° – also rein mit den Ringen! Ein Backblech tut hier gute Dienste.
Und – KÜCHENKREPP! Überschüssige Sauce muss aufgesaugt werden –Köche, die ’Türmchen’ servieren, sind wohl die besten Kunden der Küchenkrepp-Hersteller.
20 Minuten brauchen die Türmchen, bis sie durch sind. Die reduzierte Schmorbrühe wird mit kalter Butter und Mehlschwitze gebunden. Jetzt hat ein Grüner Veltliner von Bernhard Ott seinen Auftritt. Das für den Veltliner so typische ‚Pfefferl’ und die in eine wunderschöne Cremigkeit eingebundene Säure machen ihn zu einem wahrlich würdigen Begleiter. Geschmortes braucht keinen Rotwein. Und das Gemüse schon gar nicht.
Meine Frau hat auch das ‚Formfleisch’ gegessen….
Kommentar verfassen