In der Vorweihnachtszeit haben Foodblogs Hochkonjunktur. Da werden die tollsten Menüs zusammengestellt und Plätzchen mit den abenteuerlichsten Ingredienzien gebacken, dass einen alleine schon vom Anschauen die Kilos in der Körpermitte anspringen.
Vor einem Jahr, als Bloggerküken, bin ich noch auf den Zug aufgesprungen, habe ausprobiert, gekocht, Blogposts geschrieben und auch die folgenden sechs Monate habe ich noch jede Sau, die durchs Dorf getrieben wurde, mit meiner Peitsche angetrieben…neee, Ende! Ich habe weniger als keine Lust, dieses Spielchen noch mit zu machen. Brauch ich nicht. Will ich nicht. Mein Blog war nie dafür gedacht, um in der ‚Szene‘ Furore zu machen und möglichst viele Follower zu generieren. Wer meine Rezepte und Stories mag, liest es, und ich freue mich darüber – wer nicht…nun ich sach da mal nix zu 😉
Weihnachten ist nicht nur die Zeit des großen Fressens und des alljährlichen Luxus‘ in der Küche und unter dem Baum – Weihnachten ist die Zeit der Besinnlichkeit, des Reflektierens, des Pläne Schmiedens. Für mich hatte die Weihnachtszeit immer etwas ganz Besonderes. In dieser Zeit haben immer die größten Veränderungen in meinem Leben ihren Anfang genommen. Muss wohl an der Gefühlsduselei liegen. Oder daran, dass man plötzlich Zeit hat. Pünktlich am 24.12. bleibt die Maschinerie stehen und man wird förmlich aus dem Takt gerissen. Wohl denen, die viel Familie und Verwandtschaft in der Nähe haben. Da ist der Taktverlust nicht so deutlich spürbar. Wobei – Taktverlust kann sich da auch andersartig äussern…zu vorgerückter Stunde, wenn der Wein- und Schnapspegel Grenzwerte erreicht hat, kommt es manchmal zu ziemlich taktlosen und handfesten Familiendisputen…Es wird laut. Immer lauter. Danke!! Vetter und Nichte, Schwager und Schwägerin, Onkel und Tante, Cousin und Cousine rauschen zur Haustür raus, als wenn der Feueralarm losgegangen wäre…und geraten sich sofort in die Haare, weil ja eigentlich keiner mehr fahren kann. Hektisch wird das Handy aus der Tasche gekramt und versucht ein Taxi zu rufen, was an Weihnachten, spät abends, ein recht aussichtsloses Unterfangen sein kann. Da kann einem sogar das edle Weihnachtsmenü Pfötchen geben, während man adrett gekleidet auf der Straße steht, und die Kälte, ob der Promille im Blut anfangs noch unbemerkt, so langsam durchs Feinripp kriecht…
Solch ’nette‘ Familienzusammenkünfte bleiben mir glücklicherweise seit Jahren erspart – zu weit entfernt von allen ist unsere ‚Eremitage‘ hier im Nordosten der Republik. Hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht (und Kraniche, Wildgänse und sogar Adler), und fast niemandem aus der Verwandtschaft würde es einfallen, die lange Reise in diese entlegene Gegend anzutreten. Hier ist Weihnachten tatsächlich von Hundert auf (fast) Null – Entschleunigung pur! Reflektieren, Pläne schmieden, Briefe schreiben, Mozart hören…und ja, natürlich wird es etwas zu Essen geben. Keine Würstchen mit Kartoffelsalat – DIESEN Brauch werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr verstehen lernen ; – aber nichts Aufwändiges.
Nicht zwingend Würstchen mit Kartoffelsalat, aber lieblos hingeschmissenes Weihnachtsessen war es, was mich überhaupt erst zum Kochen gebracht hat. Weihnachten war für die Hausherrin (in persona: meine Mutter) purer Stress. Den Göttergatten zufrieden stellen, die Verwandtschaft bespaßen, und etwas Annehmbares auf den Tisch zu bringen. Da kamen dann schon manchmal solche Stilblüten wie ‚Kalbsgeschnetzeltes‘ (in Ermangelung von Kalb, mit Schwein gekocht), und Dill (!) drüber gestreut (in Ermangelung von Petersilie – Hauptsache grün) dabei raus. Ich habe damals, vor sehr, sehr langer Zeit, meine Eltern zum Weihnachtsessen zu mir eingeladen. Ich habe Ente mit Orangensauce, Klöße und Blaukraut gemacht. Damals konnte ich nicht kochen. Aber es war gut geworden. Ob ich jetzt kochen kann…bin ich mir auch nicht so sicher, aber ich weiß zumindest, etwas mehr als damals, was ich tue in der Küche. Es gab an jenem Abend zwar keinen Taktverlust, aber betreten sind sie damals doch aus dem Haus gegangen…Handies gab es noch nicht, und es war auch nicht nötig, ein Taxi zu rufen, weil meine Mutter nur ein Glas von dem hervorragenden Rotwein getrunken hatte. Von da an schwor ich mir, nie wieder schlecht zu essen.
Nicht aufwändig:
Ein St. Pierre – auch Heringskönig genannt – an Heiligabend, pur in der Salzkruste gegart, mit etwas gutem Olivenöl und Zitronensaft beträufelt, ein paar Kerbelknollen dazu und einen knackigen Fenchelsalat.
Der erste Weihnachtstag ist Muscheltag. Von Tauchern an der Atlantikküste aus dem Wasser geholte Jakobsmuscheln, in ein wenig Olivenöl gebraten und auf einem Klacks Blumenkohl-Panna Cotta in der Muschelschale serviert. Und ein Topf Teppichmuscheln, wer mag nennt sie Vongole oder Palourdes, mit viel gutem Wein und ein paar Aromaten. Und gutem Brot.
Der zweite Weihnachtstag fällt heuer ausgerechnet auf den Samstag. Und da auf den Samstag bekanntermaßen der Sonntag folgt, macht das 4 (in Worten: VIER!) dieser Entschleunigungstage in Folge! Am zweiten Weihnachtstag mach ich Pasta. Jaaa, Pasta. Wenn die ersten beiden Tage schon pur Protein sind, kann man ja auch mal ein paar Carbs. Fettucine mit Maränenrogen. Der schmeckt fast wie Bottarga. Nur ein wenig subtiler.
Dann ist es schon fast geschafft. Am Montag hat uns die Arbeit wieder! Nur noch den Sonntag über die Bühne kriegen. Nicht mit Beten. Thanks for the inspiration.
Mit Fishcakes vielleicht? Das geht auch mit Stockfisch. Ich liebe diese klassischen Methoden, Lebensmittel haltbar zu machen. Und mehr Briefe schreiben? Und gute oder minder gute Vorsätze fassen? Weihnachten ist für mich immer der vorweg genommene Jahreswechsel. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich Silvester in den letzten zwanzig Jahren meist verschlafen habe. Wie langweilig! Ich kann mit derlei Zwängen nichts anfangen. Silvester muss gefeiert werden? Von mir aus. Feiert schön, habt Spaß, besauft euch nicht zu sehr und umarmt das Neue Jahr – oder wen oder was sonst in eurer Nähe ist. Virtuell oder real. For auld lang syne.
Ich wünsche euch allen besinnliche Festtage und ein spannendes Neues Jahr!
Schöner kulinarischer Fahrplan. Würde mir genau so auch gefallen…
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Ich könnte ja kommentieren, aber da wäre dann länger als Dein Post. Also kurz und gut – danke 🙂
….und natürlich eine schöne Zeit.
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Dankeschön, Susanne 🙂
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The Masked Chef unmasked? Ich finde, Du machst Dir zu viele Gedanken. Einfach kochen und genießen. Is wie beim Rock´n´Roll: It´s only rock and roll but I like it.
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Yup – unmasked – EIN mal 😉 Ich bin ein ‚Gedankenmacher‘, Christian, zumindest ‚privat‘ und habe auch genug Gründe dafür. Warum also nicht mal die Hosen ein wenig runter lassen 😉 – Besinnliches Weihnachtsfest wünsch ich Dir!
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Genau, Brust heraus, vor wem verstecken! Übrigens den Fisch, den St. Petersfisch, hab ich mir heute auch an der Fischtheke angeschaut, so ein faszinierender Fisch, so groß und so flach. 🙂 Den hab ich noch nie gemacht. Für Weihnachten wird’s Karpfenfilets geben und für Karpfenverächter Kabeljau Loins, paniert natürlich und mit Erdäpfelsalat. So gehört sich das. Denn bei uns gibt’s die Weihnachtsabend-Tradition mit Karpfen. Warum sie in Deutschland Würstchen zu Weihnachten servieren, ist mir eher unverständlich. Die schmecken eh das ganze Jahr gut. Nur halt der Karpfen, der hat nur zu Weihnachten geschmacklich Hochsaison.
Wünsch Dir auch ein Frohes Fest!!
P.S.: Die Weine sind natürlich erste Sahne! 2 von den 3en kenn ich…
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