Flat Iron | Zwiebelmarmelade | Kohlrabiravioli


Was ist ein ’signature dish‘? Denglisch ist nicht mein Ding – wenn schon , dann Englisch! Hier geht es um eine Speise, die die unverkennbare Handschrift eines Kochs trägt. Im besten Fall findet sich in dieser Speise die gesamte kulinarische Philosophie und Kreativität sowie die Kunstfertigkeit eines Koches. Na ja, so sehr auf den Putz hauen will ich nicht, wenngleich der folgende Teller in seinen Facetten schon ein wenig meine kulinarische Philosophie widerspiegelt. Hier geht es um einen Zuschnitt vom Rind, den ich eigentlich ständig verwende (das Bugblatt vom Rind, ‚Flat Iron‘ auf Englisch – ein wunderbar marmoriertes Stück Fleisch, was sich hervorragend als Steak eignet). Es geht ausserdem um eine klassisch gemachte Zwiebelsauce (‚Marmelade‘ oder auch ‚Confit‘), gaaanz langsam karamellisiert und mit Demi Glace verfeinert. Und es geht um eine Inspiration, eine Zubereitung die mir von der Idee her sehr gefallen hat, aber die ich so (roh) nicht umsetzen wollte. Es geht also um alles, was meine Küche und mein Kochen ausmacht.

Last mich zuerst etwas zu den Kohlrabiravioli sagen. Gesehen habe ich die bei Tanja auf ihrem Blog. Kohlrabi mag ich per se. Auch roh. Aber kalte Ravioli? nee, nee – eher nicht. Ich habe ein wenig experimentiert, gegart und verschiedene Füllungen ausprobiert…

…auch der Fellhai war eher weniger begeistert und so bin nach einigen gescheiterten Versuchen bei einer Füllung aus einer Art spanisch angehauchtem ‚Obatzten‘ hängen geblieben. Die Kohlrabischeiben werden kurz in Geflügelfond gegart und mit dem Käse gefüllt. Macht einen wunderbaren Kontrast zum Fleisch mit der Zwiebelsauce.

So gehts:

2-3 rote Zwiebeln in Scheiben schneiden und mit etwas Butterschmalz (ich nehme Ghee) zuerst bei mittlerer Hitze (später reduzieren) ganz langsam karamellisieren.

Das braucht Zeit – mindesten eineinhalb Stunden! Die Zwiebeln sollen karamellisieren, nicht braten oder bräunen! Wenn die Zwiebeln das Stadium, das im rechten Foto zu sehen ist, erreicht haben, kommen 2 Würfel Demi Glace dazu – wenn die Temperatur erreicht haben, die Zwiebelmarmelade beiseite stellen…dann ist sie nämlich fertig.

Für die Füllung der Ravioli braucht ihr 100 g Blauschimmelkäse (Roquefort oder Gorgonzola), ein EL Süßrahmbutter, 1/2 Schalotte, klein gehackt, 2 EL Brunoise (das sind etwa 4 mm Würfelchen) aus roter und gelber Paprika und 1 TL Pimentón de la Vera oder Piment d’esplette (das ist spanischer Paprika mit einem Aroma von Rauch). Der Käse und die Butter sollten Zimmertemperatur haben, sonst mischt sich das Zeug nicht.

Dazu machen wir ein Püree aus Pinienkernen (das ist das Zeug, was später auf dem Teller wie Majo aussieht). 100 g Pinienkerne mit etwas Erdnussöl und einer Prise Salz mit dem Stabmixer pürieren und beiseite stellen.

Kohlrabi schälen und in dünne (so dünn, wie nur möglich) Scheiben schneiden. Beiseite stellen, dann wir wollen warme Ravioli auf dem Teller – also wird der Kohlrabi erst im letzten Moment gegart.

Der Star des Gerichts ist wieder mal das Flat Iron, also das Bugblatt vom Rind. Bei dieser Präsentation gibt es jede Menge Verschnitt, aber was macht das? Das übrige Fleisch lässt sich am nächsten Tag als Belag auf dem Sandwich, als Einlage in der Suppe oder dem Eintopf, oder wasweißich verwenden – ansonsten stehen sicherlich die Fellhaie (oder andere Vierbeiner) parat 😉

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Ich bin weder ein Freund von Sous-Vide garen, oder ‚rückwärts braten‘ oder sonst irgendwelchem modischen Schnickschnack. Wenn ihr irgendwann mal die ewigen Jagdgründe aufsucht, fragt mal die Herren Escoffier oder Fernand Point was die davon halten….

Das Fleisch wird in der Pfanne gebraten und im Ofen bei 140° für etwa 10 Minuten nachgegart. Basta! Wer es nicht im Gefühl hat, steckt ein Fleischthermometer rein – wenn das 56°C anzeigt, ist es fertig.

Es wird immer betont, dass man das Fleisch vor dem Braten auf Zimmertemperatur bringen soll – direkt aus der Kühlung in die Pfanne geht gar nicht! Bringt mich regelmäßig zum Schmunzeln. Wenn das die Profis in ihren Restaurantküchen machen würden, hätten sie ziemlich schnell die Gewerbeaufsicht auf der Pelle!

Ist also ganz egal – nur sollte das Fleisch von einer über jeden Zweifel erhabenen Qualität sein (also nicht vom Lidl – aber Flat Iron haben die eh‘ nicht).

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Fleisch in einer beschichteten Pfanne braten geht nicht? Aber Hallo! Da bin ich ganz anderer Meinung. Einen EL neutrales, hoch erhitzbares Öl oder Butterschmalz in der Pfanne erhitzen und rein mit dem Teil!

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Backofen auf 140°C vorheizen, das Fleisch auf jeder Seite bräunen, mit etwas Meersalz und Pfeffer aus der Mühle würzen, in der Bratreine aufs Gitter setzen und ab in den Ofen.

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Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, die Kohlrabischeiben zu garen. Geflügelfond aufsetzen, zum Kochen bringen, und rein mit den Dingern.

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Der Rest ist ‚Arrangement‘ – das Fleisch in Rechtecke schneiden und als Deko einen Rosmarinzweig reinstecken. Die Zwiebelmarmelade kurz erhitzen und auf den Teller geben. Kohlrabischeiben auf Küchenpapier abtrocknen, eine Scheibe auf den Teller, die Käsefüllung drauf und mit einer weiteren Scheibe heißem Kohlrabi abdecken. Mit dem Pinienkernpüree dekorieren. Fleisch auf die Zwiebelmarmelade setzen und zwei Röserl blanchierte Broccoli als Deko dazu.

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5 Kommentare

  1. Ah, da sind die Fellhaie ja wieder. 😀
    Schönes Rezept, ich bekomme glatt Hunger… Euch ein schönes Wochenende. 🙂

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  2. Mein lieber Herr Gesangsverein…äh Masked Chef…,
    da hast Du ja mächtig auf den Putz gehauen mit diesem Teller! Sieht großartig aus!!! Und dass die Kohlrabiravioli immer wieder den Weg auf Deinen Teller finden, freut mich riesig! Deine Füllung dafür werde ich direkt mal testen und dazu natürlich auch das Pinienpüree! Ich hab HUNGER!!!
    Hab eine tolle Woche Mister!
    Liebe Grüße
    Tanja

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    • Dankeschön, liebe Tanja – ja, die Ravioli haben was (vor allem, wenn man eine angehende Veganerin am Tisch hat 😉 ) und geht ratzfatz und die Füllungen lassen sich beliebig variieren. Danke Dir nochmals für die Initialzündung! Bei mir ist es momentan etwas still auf dem Blog, aber das liegt am guten Wetter…da bin ich lieber auf dem Golfplatz, als am Schreibtisch 😉
      Liebe Grüße
      Tommy

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