Der Edelstahl-Topf


Warum haben Töpfe hierzulande normalerweise 2 Griffe? In der Küche hat man normalerweise eh‘ immer mindestens zwei Hände zu wenig….bei solch einem Eimer (zum Fonds kochen) ist es angebracht, denn bei 15 bis 17 Kilo Gewicht braucht man zwei Hände, um das Ding zu tragen.

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‚Normale‘ Kochtöpfe haben bei uns immer 2 Griffe. Man bekommt allenfalls ein 16 cm Stieltöpfchen – das haben die Franzosen und die Engländer wohl irgendwie besser begriffen, denn dort gibt es Stieltöpfe in allen Größen (nur die Hohen sind relativ selten). Das liegt wohl daran, dass dort viel mit Gas gekocht wird. Die kurzen Seitengriffe werden heiß, wenn mal auf größerer Flamme gekocht wird. Und wenn sie aus Kunststoff sind, dann verkokeln die auch mal….:(

Für mich hat der optimale Topf einen langen Stiel. Ausser der große Eimer für Fonds und der Schmortopf (der ist aus Gusseisen und wiegt leer schon 6 kg). Basta!

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‚Profizeugs‘ hat kürzlich jemand gesagt – das stimmt bedingt. Solche Töpfe bekommt man im Gastro-Fachhandel auch in Deutschland, nur, in heimischen Küchen sind sie kaum anzutreffen. Warum nehmen wir solche Töpfe nicht zu hause, wenn es uns die Profis doch vormachen? Ah ja, die werden nicht beworben, obwohl sie ganz erhebliche Vorteile haben (nicht nur den langen Stiel).

Solche Töpfe werden für den harten, täglichen Einsatz in Profiküchen hergestellt. Das Material ist 0,7 oder 0,8 mm Edelstahl…nein, nicht ’18/10′!!! Mal ehrlich: wieviele ‚Topfbesitzer‘ von Hundert wissen, was ’18/10′ ist? Und 18/8? Und 18/0? Und D11?

Unterschiedliche Stahl-Qualitäten! 18/10 ist der wohl größte Mythos – was hierzulande oft als 18/10 beworben wird, ist ein Chrom/Nickel-Edelstahl mit der internationalen Bezeichnung AISI 304. Der Chrom-Anteil beträgt etwa 18%, der Nickel-Anteil 8%. Aus diesem Grund sind viele Kochtopfhersteller in den letzten Jahren dazu über gegangen, ’18/8′ auszuweisen. Es gibt wohl eine Stahlqualität mit 10% Nickel-Anteil, aber die könnte bei Kochtöpfen niemand bezahlen.

Wozu ist eigentlich Nickel im Stahl für Kochtöpfe? Gibt es nicht Bedenken wegen Nickel-Allergien?

Nun, Nickel macht den Stahl ‚rostfrei‘. Doch auch ein Topf aus nickelfreiem Stahl wird nicht vor sich hin rosten, wenn er nicht gerade nass in den Schrank gestellt wird. Jeder induktionsgeeignete Topf hat übrigens einen Boden (Kapsel oder Platte) aus nickelfreiem Stahl. Nickel hat nämlich ausserdem die Eigenschaft, den Stahl antimagnetisch zu machen und damit würde der Topf nach dem Induktionsprinzip nicht funktionieren.

Aber…aber….und…wie nu…?

Dieser Artikel könnte ein kleines Buch werden, aber ich will mich auf das Wesentliche beschränken:

  1. Für einen guten Topf ist die Materialstärke des Stahls ausschlaggebend – nicht der Nickelanteil. Eine Wandstärke von mindestens 0,7 mm ist ein Indikator für gute, langlebige Qualität. Wandstärken von mehr als 0,8 mm sind wohl auf dem Markt, aber völlig unnötig und teuer.
  2. Der Boden sollte ein verkapselter Sandwichboden (Stahl-Aluminium-Stahl) sein. Hier wird oft die Dicke des Bodens als Qualitätsmerkmal angeführt – je dicker, desto besser (Wärmespeicher-fähigkeit). Das ist Unsinn (und widerspricht dem Trend zu Induktionsherden, die u.a. eine Eigenschaft von Gasherden besitzen: Energie = sofort Hitze, Energie aus = Hitze aus)! Wer braucht einen Boden der so viel Wärme speichert, dass die reduzierte Sauce am Boden verkrustet, wenn ich die Hitze schon längst abgestellt habe? 3 mm Aluminium sind in einem Sandwichboden völlig ausreichend! Wichtig ist der Herstellungsprozess: Viele (die meisten, um ehrlich zu sein) Sandwich-/Kapselböden werden gelötet. Hierbei wird die Aluminiumplatte mittels Hitze und einem ‚Verbindungslot‘ mit dem Topf(innen)Boden und der Abschlussplatte/-kapsel verbunden. Dabei entstehen meistens geringfügige Hohlräume, die nicht wünschenswert sind. Ein geschmiedeter Sandwich-Boden wird mit einer Hochdruck-Friktionspresse auf den Topf geschmiedet. Durch den enormen Druck von mindestens 1.600 Tonnen verflüssigt sich das Aluminium und verbindet sich ohne Hohlräume mit dem Stahl. Ein geschmiedeter Boden verformt sich beim Erhitzen weniger – dadurch weniger Energieverlust beim Kochen.
  3. Die Schweisspunkte an der Topf-Inneseite, wo der Stiel (der der Griff) angeschweisst ist. Sind die braun- Finger weg! Dann hat der Hersteller seine Hausaufgaben nicht gemacht!
  4. Der Deckel: Schon mal werbende Sprüche, wie ‚Glasdeckel für Sichtkochen‘ gelesen? Was, bitteschön, ist denn ‚Sichtkochen‘??? Auf einen Edelstahltopf gehört ein gut passender und möglichst dicht schließender Edelstahl-Deckel! Der darf auch gerne etwas schwerer sein (mindestens die Materialstärke des Topfes, oder bis zu 0,3 mm dicker), um so dichter schließt er. Ausserdem neigen Glasdeckel dazu, zu brechen (vor allem im Ofen kann das hässlich werden, wenn das Glasteil nicht perfekt gehärtet war und bei 180°C in tausend Stücke birst – ade schöner Sonntagsbraten!).

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Feedback und Fragen werden nicht nur gerne gesehen, sondern auch ausdrücklich gewünscht!

Frohes Kochen!

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12 Kommentare

  1. Und von welchem Hersteller sind denn solche Edelstahl Töpfe (langer Stiel, geschmiedeter Kapselboden) zu bekommen?
    Danke, viele Grüße

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  2. Hallo, wie sieht es denn mit dem sogenannten „Multi-Ply“ Kochgeschirr einiger Hersteller aus? Nur Humbug/Marketing? Ich koche mit gas und habe die Wahl zwischen Töpfen mit Sandwichboden oder eben diesen Multiply Geräten. Konkret: De Buyer Primary Serie (Sandwich) oder Beka 3-ply Serie (Mehrschicht). Da würde mich ihre Meinung interessieren 🙂
    Vielen Dank in jedem Fall für die vielen tollen Infos auf der Seite und beste grüße aus Bayreuth!

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    • Hallo Stephan, ich sage es rundheraus: 3-ply (gibt auch 5-ply, aber das ist „over the top“) ist das beste, was es für Geld zu kaufen gibt – aber eben teuer! Dabei ist die Marke weitgehend egal, denn das Rohmaterial kommt eigentlich immer aus Japan. Beka (früher Braun & Kemmler…der Sproß Hubert Kemmler alias Hubert Kah gelangte in der „Neuen Deutschen Welle“ zu mäßigem Starruhm 😉 ) war früher einer der großen deutschen Hersteller von Emailgeschirr – heute ist es nur noch die Marke und deren Ware wird fast ausschließlich in China produziert (was keineswegs schlecht ist. Der Unterschied zwischen 3-ply und einem guten Edelstahltopf mit geschmiedetem Sandwichboden (ich betone „geschmiedet“, denn gelötete Böden sind minderwertig, aber das steht ja im Artikel) ist vom Kochergebnis her nicht immens, aber es ist einfach das beste, was ich jemals auf dem Herd hatte. Die Hitzeverteilung ist sehr gleichmäßig – ähnlich, wie bei Gusseisen, aber ohne den Nachteil des immens hohen Gewichts. Herzliche Grüße in meine alte Heimat (ich stamme aus Hof),
      Tommy

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  3. Hallo Tommy, mal wieder jemand, der auf der Suche nach gutem Kochgeschirr ist … ich habe hier bei mir einen Karton mit einem Set von Spring, Modell Brigade Premium, stehen. Es handelt sich um Edelstahltöpfe aus 5-Lagen-Mehrschichtmaterial. Ich gehe davon aus, dass du deine Meinung nicht geändert hast (siehe Korrespondenz von 2018) und ich bedenkenlos „zuschlagen“ kann ??? Für deinen kompetenten Rat bedanke ich mich im voraus, herzliche Neujahrsgrüße aus dem tief verschneiten Taunus – Andrea

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    • Hi Andrea, richtig! Ich bin mir zwar fast sicher, dass auch Spring in China herstellt, aber die kaufen sicher keine minderwertige Qualität ein. Also: ja, wenn der Preis passt, zuschlagen! Herzliche Grüße aus dem Norden,
      Tommy

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      • Hallo Tommy, danke für die unglaublich rasche Rückmeldung. Du wirst sicherlich Recht haben, aber die 10jährige Garantie gäbe Spring bestimmt nicht, wenn die Qualität nicht stimmen würde. Somit schlage ich bei dem wirklich sehr interessanten Preis zu und freue mich auf die Erfahrung mit diesem besonderen Material. Herzlichst, Andrea

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      • Viel Freude damit!

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  4. Hi Tommy,
    ich schwanke zwischen De Buyer Affinity (5 Lagen Mehrschicht) und De Buyer Melody (Kapsel)…. Was denkst du?
    BG aus Berlin
    Martin

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  5. Hi Thomy,
    danke für die Infos oben. Ich schwanke zw. De Buyer Affinity (Mehrschicht) und De Buyer Melody (Kapsel). Letztere finde ich optisch etwas gelungener. Ist auch etwas günstiger, aber der Deckel ist aus Glas.
    Hast du einen Tipp, der mir die Wahl erleichtert 😉
    BG aus Berlin
    Martin

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    • Hi Martin, schau Dir mal green-kichen.com genau an. Gibt zwar kein breites Sortiment aber eigentlich alles was man braucht (außer ner tiefen Pfanne, aber die kommt noch). Der Deckel bei den Töpfen ist absolut innovativ – selbst wenns drunter kocht, wird der nicht über 30°C heiß. Und das 3-ply … Materialstärke ist durch nichts zu ersetzen! 3.5 mm – das macht ausser GreenKitchen nur Scanpan, aber die kosten mehr als das Doppelte. Schöne Grüße, Tommy

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      • Danke dir. Schaue ich mir an.
        Beste Grüße und viel Spaß beim kommenden Gänsebraten 😉
        Martin

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